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             ACT 1 
            Scene 1 
              - Scene 2 
              - Scene 3 
              - Scene 4 
              Scene 5 
              - Scene 6 
              - Scene 7 
              - Scene 8 
              Scene 9 
              - Scene 10 
              - Scene 11 
              - Scene 12 
              Scene 13 
             
           | 
         
         
          |  
             Act 
              1 - Scene 1 
            JAQUINO 
              Jetzt, Schätzchen, 
              jetzt sind wir allein, 
              Wir können vertraulich 
              nun plaudern. 
             MARZELLINE 
              Es wird ja nichts Wichtiges sein, 
              ich darf bei der Arbeit  
              nicht zaudern. 
              JAQUINO 
              Ein Wörtchen, du Trotzige, du! 
              MARZELLINE 
              So sprich nur, ich höre ja zu. 
              JAQUINO 
              Wenn du mir nicht 
              freundlicher´ blickest, 
              so bring´ ich kein Wörtchen hervor. 
              MARZELLINE 
              Wenn du dich nicht 
              in mich schickest, 
              verstopf ich mir vollends das Ohr. 
              JAQUINO 
              Ein Weilchen nur höre mir zu,  
              dann lass´ ich dich  
              wieder in Ruh´. 
              MARZELLINE 
              So hab´ ich denn nimmer mehr Ruh´;  
              so rede, so rede nur zu! 
              JAQUINO 
              Ich... ich habe... 
              Ich habe zum Weib dich gewählet, 
              verstehst du? 
              MARZELLINE 
              Das ist ja doch klar! 
              JAQUINO 
              Und... und, wenn mir dein 
              Jawort nicht fehlet, 
              was meinst du? 
              MARZELLINE 
              So sind wir ein Paar. 
              JAQUINO 
              Wir könnten in wenigen Wochen. 
              MARZELLINE 
              Recht schön, du bestimmst 
              schon die Zeit. 
              
              JAQUINO 
              Zum Henker, das ewige Pochen, 
              da war ich so herrlich im Gang, 
              und immer, 
              immer entwischt mir der Fang ! 
              MARZELLINE 
              So bin ich doch endlich befreit!  
              Wie macht seine Liebe mir bang, 
              es werden die Stunden mir lang. 
              Ich weiß, daß der Arme sich quälet, 
              es tut mir so leid auch um ihn!  
              Fidelio hab' ich gewählet, 
              ihn lieben ist süßer Gewinn. 
              JAQUINO 
              Wo war ich? 
              Sie sieht mich nicht an! 
              MARZELLINE 
              Da ist er,  
              er fängt wieder an! 
              JAQUINO 
              Wann wirst du das Jawort mir geben?  
              Es könnte ja heute ja heute noch sein. 
              MARZELLINE 
              O weh ! 
              Er verbittert mein Leben ! 
              Jetzt, morgen und immer, 
              und immer, nein! 
              Ich muß ja so hart mit ihm sein! 
              JAQUINO 
              Du bist doch wahrhaftig von Stein,  
              kein Wünschen, kein Bitten, 
              geht ein. 
              MARZELLINE 
              Ich muß ja so hart mit ihm sein, 
              er hofft bei dem mindesten Schein. 
              JAQUINO 
              So wirst du dich nimmer, 
              nimmer bekehren? 
              Was meinst du? 
              MARZELLINE 
              Du könntest nun geh'n! 
              JAQUINO 
              Wie? 
              Dich anzusehn'n willst du mir wehren? 
              Auch das noch? 
              MARZELLINE 
              So bleibe hier stehh'n! 
              JAQUINO 
              Du hast mir  
              so oft doch versprochen. 
              MARZELLINE 
              Versprochen? 
              Nein, das geht zu weit! 
              
              JAQUINO 
              Zum Henker das ewige Poche, 
              zum Henker! 
              MARZELLINE 
              So bin ich doch, endlich befreit!  
              Das ist ein willkommener Klang,  
              es wurde zu Tode mir bang. 
              JAQUINO 
              Es ward ihr im Ernste schon bang; 
              wer weiß, ob es mir nicht gelang.  
              Wenn ich diese Tür heute 
              nicht schon zweihundertmal 
              aufgemacht habe, so will ich 
              nicht Jaquino heißen. 
              Zum Wetter, schon wieder! 
              MARZELLINE 
              Was kann ich dafür, 
              daß ich ihn nicht mehr so gern 
              wie sonst haben kann? 
              JAQUINO 
              So. Nun hoffe ich, 
              soll niemand uns stören. 
              ROCCO 
              Jaquino, Jaquino! 
              MARZELLINE 
              Hörst du, der Vater ruft! 
             JAQUINO 
              Lassen wir ihn ein wenig warten. 
              Also,  
              auf unsere Liebe zu kommen... 
              MARZELLINE 
              So geh doch, 
              der Vater wird sich nach Fidelio 
              erkundigen wollen. 
              JAQUINO 
              Ei freilich da kann man 
              nicht schnell genug sein. 
              ROCCO 
              Jaquino, hörst du nicht? 
              JAQUINO 
              Ich komme schon! 
              Bleib fein hier, in zwei Minuten 
              sind wir wieder beisammen. 
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             Act 
              1 - Scene 2 
            MARZELLINE 
              Der arme Jaquino dauert 
              mich beinahe, 
              kann ich aber ändern? 
              Ich war ihm sonst recht gut, 
              da kam Fidelio in unser Haus, 
              und seit der Zeit ist alles 
              in mir und um mich verändert. 
              Ach!  
              Aus dem Mitleiden, 
              Das ich mit Jaquino habe, 
              merke ich erst, 
              wie sehr gut ich Fidelio bin. 
              Ich glaube auch, daß 
              Fidelio mir recht gut ist, 
              und wenn ich die Gesinnungendes 
              Vaters wüßte, 
              so könnte bald mein Glück 
              vollkommen werden. 
              O wär' ich schon mit dir vereint, 
              und dürfte Mann dich nennen ! 
              Ein Mädchen darf ja, 
              was es meint, 
              zur Hälfte nur bekennen ! 
              Doch wenn ich nicht erröten 
              muß ob einem warmen Herzenskuß, 
              wenn nichts uns stört auf Erden. 
              Die Hoffnung schon erfüllt die Brust 
              mit unaussprechlich süßer Lust;  
              wie glücklich will ich werden! 
              In Ruhe stiller Häuslichkeit 
              erwach' ich jeden Morgen, 
              wir grüßen uns mit Zärtlichkeit, 
              Der Fleiß verscheucht die Sorgen.  
              Und ist die Arbeit abgetan, 
              dann schleicht 
              die holde Nacht heran, 
              dann ruh'n wir von Beschwerden. 
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             Act 
              1 - Scene 3 
            ROCCO 
              Guten Tag, Marzelline! 
              Ist Fidelio noch  
              nicht zurück gekommen? 
             MARZELLINE 
              Nein, Vater! 
              ROCCO 
              Die Stunde naht, 
              Wo ich dem Gouverneur 
              die Briefschaften bringen muß, 
              abholen sollte, 
              ihn mit Ungeduld. 
              
              LEONORE 
              Jaquino! Jaquino! 
              JAQUINO 
              Ich komme schon, ich komme schon! 
              MARZELLINE 
              Er wird gewiß so lange bei  
              dem Schmied haben warten müssen. 
              Da ist er, da ist er!  
              Wie er belastet ist! 
              Lieber Gott, der Schweiß 
              läuf ihm von der Stirn. 
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             Act 
              1 - Scene 4 
            ROCCO 
              Warte, warte! 
             JAQUINO 
              Es war auch der Mühe wert, 
              so schnell aufzumachen, 
              um den Patron da herein zulassen. 
              
              ROCCO 
              Armer Fidelio,  
              diesmal hast 
              du zu viel dir aufgeladen! 
              LEONORE 
              Ich muß gestehen, 
              ich bin ein wenig ermüdet! 
              Der Schmied hatte auch an 
              den Ketten so lange auszubessern, 
              daß ich glaubte, 
              er würde nichtdamit fertig werden. 
              ROCCO 
              Sind sie jetzt gut gemacht? 
              LEONORE 
              Gewiß,  
              recht gut und stark. 
              Keiner der Gefangenen wird 
              sie zerbrechen. 
              ROCCO 
              Wieviel kostet alles zusammen? 
              LEONORE 
              Zwölf Piaster ungefähr. 
              Hier ist die genaue Rechnung 
              ROCCO 
              Gut, brav ! Zum Wetter, 
              da gibt es Artikel, 
              auf die wir wenigstens das Doppelte, 
              gewinnen können! 
              Du bist ein kluger Junge! 
              Ich kann gar nicht begreifen, 
              wie du deine Rechnungen machst.  
              Du kaufst alles wohlfeiler als ich. 
              In den sechs Monaten, 
              seit ich dir die Anschaffung 
              von Lebensmitteln übertragen habe, 
              hast du mehr gewonnen, 
              als ich vorher in einem ganzen Jahre. 
              Der Schelm gibt sich 
              alle diese Mühe, 
              offenbar meiner Marzelline wegen. 
              LEONORE 
              Ich suche zu tun, 
              was mir möglich ist. 
              ROCCO 
              Ja, ja, du bist brav; 
              man kann nicht eifriger, 
              nicht verständiger sein! 
              Ich habe dich auch mit 
              jedem Tage lieber, 
              und, sei versichert, 
              dein Lohn soll nicht ausbleiben. 
             LEONORE 
              O glaubt nicht, daß ich 
              meine Schuldigkeit nur 
              des Lohnes wegen... 
              ROCCO 
              Still ! 
              Meinst du, ich kann dir 
              nicht ins Herz sehen? 
              MARZELLINE 
              Mir ist so wunderbar, 
              es engt das Herz mir ein; 
              er liebt mich, es ist klar, 
              ich werde glücklich, glücklich sein. 
              LEONORE 
              Wie groß ist die Gefahr! 
              wie schwach der Hoffnung Schein!  
              sie liebt mich, es ist klar, 
              o namenloser Pein! 
              ROCCO 
              Sie liebt ihn, es ist klar, 
              ja, Mädchen, er wird dein, 
              ein gutes, junges Paar, 
              sie werden glücklich sein. 
              JAQUINO 
              Mir sträubt sich schon das Haar, 
              der Vater willigt ein, 
              mir wird so wunderbar, 
              mir fällt kein Mittel ein. 
              ROCCO 
              Höre, Fidelio,  
              wenn ich auch nicht weiß, 
              wie und wo auf die Welt 
              gekommen bist, 
              und wenn du auch gar 
              keinen Vater gehabt hättest, 
              so weiß ich doch, 
              was ich tue, ich, ich mache dich 
              zu meinem Tochtermann 
              MARZELLINE 
              Wirst du es bald tun, lieber Vater? 
              ROCCO 
              Ei, ei, wie eilfertig ! 
              So bald der Gouverneur nach 
              Sevilla gereist sein wird, 
              dann haben wir mehr Muße. 
              Ihr wißt ja, 
              daß er alle Monate hingeht, 
              um über alles, was hier in dem 
              Staatsgefängnis vorgeht, 
              Rechenschaft zu geben. 
              In wenigen Tagen muß er wieder fort, 
              und den Tag nach seiner Abreise 
              geb' ich euch zusammen. 
              Darauf könnt ihr rechnen. 
              MARZELLINE 
              Den Tag nach seiner Abreise! 
              Das machst du recht vernünftig, 
              lieber Vater! 
              LEONORE 
              Den Tag nach seiner Abreise? 
              O' welche neue Verlegenheit ! 
              ROCCO 
              Nun, meine Kinder, 
              ihr habt euch doch recht 
              herzlich lieb, nicht wahr? 
              Aber das ist noch nicht alles, 
              was zu einer guten, 
              vergnügten Haushaltung gehört, 
              man braucht auch 
              Hat man nicht auch Gold beineben, 
              kann man nicht ganz glücklich sein; 
              traurig schleppt  
              sich fort das Leben, 
              mancher Kummer stellt sich ein. 
              Doch wenn's in den Taschen 
              klingelt und rollt,  
              da hält man das Schicksal gefangen, 
              und Macht und Liebe verschafft 
              das Gold und stillet das 
              kühnste Verlangen. 
              Das Glück dient wie ein 
              Knecht für Sold, 
              es ist ein schönes, schönes Ding, 
              das Gold, ein goldnes, 
              goldnes Ding, das Gold, 
              das Gold. 
              Wenn sich Nichts mit 
              Nichts verbindet, 
              ist und bleibt die Summe klein, 
              wer bei Tisch nur Liebe findet, 
              wird nach Tische hungrig sein. 
              Drum lächle der Zufall euch 
              gnädig und hold und segne 
              und lenk' euer Streben, 
              das Liebchen im Arme, 
              im Beutel das Gold, 
              so mögt ihr viel Jahre durchleben. 
              LEONORE 
              Ihr könnt das leicht sagen, 
              Meister Rocco, aber ich, 
              ich behaupte, 
              daß die Vereinigung zweier 
              gleichgestimmten Herzen 
              die Quelle des wahren 
              ehelichen Glückes ist. 
              O dieses Glück muß der 
              größte Schatz auf Erden sein ! 
              Freilich gibt es noch etwas, 
              was mir nicht weniger 
              kostbar sein würde, 
              aber mit Kummer sehe ich, 
              daß ich es trotz aller meiner 
              Bemühungen nicht erhalten werde. 
              ROCCO 
              Und was wäre denn das? 
              LEONORE 
              Euer Vertrauen. Verzeiht mir 
              diesen kleinen Vorwurf, 
              aber oft sehe ich euch aus den 
              unterirdischen Gewölben 
              des Schlosses ganz außer 
              Atem und ermattet zurückkommen, 
              warum erlaubt Ihr mir nicht, 
              euch dahin zu begleiten? 
              Es wäre mir sehr lieb, 
              wenn ich euch bei eurer 
              Arbeit helfen und eure 
              Beschwerden teilen könnte. 
              ROCCO 
              Du weißt doch, daß ich 
              den strengsten Befehl habe, 
              niemanden, 
              wer es auch sein mag, 
              zu den Staatsgefangenen zu lassen. 
              MARZELLINE 
              Es sind ihrer aber gar 
              so viele in dieser Festung. 
              Du arbeitest dich ja zu Tod, 
              lieber Vater. 
              LEONORE 
              Sie hat recht, Meister Rocco. 
              Man soll allerdings seine 
              Schuldigkeit tun. 
              Aber es ist doch auch erlaubt, 
              meine ich, 
              zuweilen daran zu denken, 
              wie man sich für die, 
              die uns angehören und lieben, 
              ein bißchen schonen kann. 
              MARZELLINE 
              Man muß sich für seine 
              Kinder zu erhalten suchen. 
              ROCCO 
              Ja, ihr habt recht, diese 
              schwere Arbeit würde mir 
              doch endlich zu viel werden. 
              Der Gouverneur ist zwar sehr streng, 
              er muß mir aber doch erlauben, 
              dich in die Gouverneur, 
              geheimen Kerker mit mir zu nehmen. 
              Unterdessen gibt es ein Gewölbe, 
              in das ich dich wohl 
              nie werde führen dürfen, 
              obschon ichmich ganz 
              auf dich verlassen kann. 
             MARZELLINE 
              Vermutlich, wo der Gefangene sitzt, 
              Von dem du schon einige 
              gesprochen hast, Vater ? 
              ROCCO 
              Du hast's erraten. 
              LEONORE 
              Ich glaube, es ist schon lange her, 
              daß er gefangen ist? 
              ROCCO 
              Es ist schon über zwei Jahre. 
              LEONORE 
              Zwei Jahre, sagt Ihr? 
              Er muß ein großer 
              Verbrecher sein. 
              ROCCO 
              Oder er muß große Feinde haben; 
              das kommt ungefähr auf eins heraus. 
              MARZELLINE 
              So hat man denn nie 
              erfahren können, woher er ist, 
              und wie er heißt? 
              ROCCO 
              O wie oft hat er mit mir 
              von alledem reden wollen. 
              LEONORE 
              Nun? 
              ROCCO 
              Für unsereinen ist's am besten, 
              so wenig Geheimnisse 
              als möglich zu wissen, 
              darum hab ich ihn auch nie angehört. 
              Ich hätte mich verplappern können, 
              und ihm hätt ich doch  
              nicht genützt. 
              Nun, er wird mich nicht 
              lange mehr quälen. 
              Es kann nicht mehr 
              lange mit ihm dauern. 
              LEONORE 
              Großer Gott! 
              MARZELLINE 
              Lieber Himmel, wie hat 
              er denn eine so schwere 
              Strafe verdient? 
              ROCCO 
              Seit einem Monat schon 
              muß ich auf Pizarros Befehl 
              seine Portion kleiner machen. 
              Jetzt hat er binnen 
              vierundzwanzig Stunden 
              nicht mehr als zwei Unzen 
              schwarzes Brot und eine 
              Halbe Maß Wasser; 
              kein Licht mehr als den Schein 
              einer Lampe, kein Stroh mehr, 
              nichts! 
              MARZELLINE 
              O lieber Vater, 
              führe Fidelio ja nicht zu ihm, 
              diesen Anblick könnt 
              er nicht ertragen. 
              LEONORE 
              Warum denn? 
              Ich habe Mut und Stärke. 
              ROCCO 
              Brav, mein Sohn, brav! 
              Wenn ich dir erzählen wollte, 
              wie ich anfangs in meinem 
              Stande mit mir zu kämpfen hätte! 
              Und ich war doch ein ganz anderer 
              Kerl als du mit deiner feinen Haut 
              und deinen weichen Händen. 
              Gut, Söhnchen, gut, 
              hab immer Mut, 
              dann wird dir's auch gelingen, 
              das Herz wird hart durch Gegenwart 
              bei fürchterlichen Dingen. 
              LEONORE 
              Ich habe Mut! 
              Mit kaltem Blut, mit kaltem Blut 
              will ich hinab mich wagen; 
              für hohen Lohn kann Liebe 
              schon auch hohe Leiden, 
              hohe Leiden tragen. 
              MARZELLINE 
              Dein gutes Herz wird manchen 
              Schmerz in diesen Grüften leiden, 
              dann kehrt zurück der Liebe Glück 
              und unnennbare Freuden. 
              ROCCO 
              Du wirst dein Glück 
              ganz sicher bauen, 
              ja, ja, ja,  
              ihr werdet glücklich sein. 
              LEONORE 
              Ich hab' auf Gott und Recht 
              Vertrauen,  
              ja, ja, ja, 
              ich kann noch glücklich sein. 
              MARZELLINE 
              Du darfst mir auch ins Auge 
              schauen der Liebe Macht 
              ist auch nicht klein, 
              ja, ja, ja, wir werden glücklich sein. 
              ROCCO 
              Der Gouverneur, 
              der Gouverneur soll heut' erlauben, 
              daß du mit mir die Arbeit teilst. 
              LEONORE 
              Du wirst mir alle Ruhe rauben,  
              wenn du bis morgen nur verweilst. 
              MARZELLINE 
              Ja, guter Vater,  
              bitt ihn heute, 
              in kurzem sind wir dann ein Paar. 
              ROCCO 
              Ich bin ja bald des Grabes Beute, 
              ich brauche Hilf,  
              es ist ja wahr. 
              LEONORE 
              Wie lang' bin ich des 
              Kummers Beute. 
              Du, Hoffnung, 
              reichst mir Labung dar. 
              MARZELLINE 
              Ach! lieber Vater, 
              was fällt Euch ein? 
              Lang' Freund und Rater 
              müßt Ihr uns sein. 
              ROCCO 
              Nur auf der Hut, dann geht 
              es gut, gestillt, 
              gestillt wird euer Sehnen; 
              gebt euch die Hand 
              und schliesst das Band, 
              in süßen Freudentränen. 
              Ein schönes Band, 
              mit Herz und Hand. 
              MARZELLINE 
              O habe Mut, o welche Glut, 
              O welch' ein tiefes Sehnen! 
              Ein festes Band mit 
              Herz und Hand, 
              O süße, süße Tränen. 
              LEONORE 
              Ihr seid so gut ihr macht mir Mut, 
              gestillt wird bald mein Sehnen. 
              Ich gab die Hand zum süßen Band, 
              es kostet bittre Tränen. 
              ROCCO 
              Aber nun ist Zeit, daß 
              ich dem Gouverneur die 
              Briefschaften überbringe. 
              Ah ! Er kommt selbst hierher! 
              Gieb sie, Fidelio, 
              und dann entfernt euch! 
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             Act 
              1 - Scene 5 
            PIZARRO 
              Drei Schildwachen auf den¡ 
              Wall, sechs Mann Tag und 
              Nacht auf der Zugbrücke, 
              ebenso viele gegen den Garten zu, 
              und jedermann, der sich dem Graben 
              der Festung nähert, 
              werde sogleich zu mir gebracht. 
              Ist etwas Neues vorgefallen? 
             ROCCO 
              Nein, Herr! 
              PIZARRO 
              Wo sind die Depeschen? 
              ROCCO 
              Hier sind sie. 
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             Act 
              1 - Scene 6 
            PIZARRO 
              Immer Empfehlungen oder Vorwürfe.  
              Wenn ich auf alles das achten wollte, 
              würde ich nie damit 
              zu Ende kommen. 
              Mich dünkt, ich kenne diese 
              Schrift. Laß sehen. 
              "Ich gebe ihnen Nachricht, 
              daß der Minister 
              in Erfahrung gebracht hat, 
              daß die Staatsgefängnisse, 
              denen Sie vorstehen, 
              mehrere Opfer willkürlicher 
              Gewalt enthalten. 
              Er reist morgen ab, 
              um Sie mit einer Untersuchung 
              zu überraschen. 
              Seien Sie auf Ihrer Hut, 
              und suchen Sie  
              sich sicherzustellen." 
              Gott, wenn er entdeckte, 
              daß ich diesen Florestan 
              in Ketten liegen habe, 
              den er längst tot glaubt; ihn, 
              der so oft meine Rache reizte, 
              der mich vor dem Minister enthüllen 
              und mir seine Gunst  
              entziehen wollte! 
              Doch, es gibt ein Mittel! 
              Eine kühne Tat kann  
              alle Besorgnisse zerstreuen! 
              Ha! Ha! Ha! 
              Welch ein Augenblick! 
              Die Rache werd' ich kühlen! 
              dich, dich rufet dein Geschick! 
              In seinem Herzen wühlen, o Wonne, 
              großes Glück! 
              Schon war ich, schon war ich nah', 
              im Staube, 
              dem lauten Spott zum Raube, 
              dahin, dahin, ja, 
              dahin gestreckt zu sein! 
              Nun ist es mir geworden, 
              den Mörder selbst zu morden! 
              Ha! Ha! Ha! 
              In seiner letzten Stunde, 
              den Stahl in seiner Wunde, 
              ihm noch ins Ohr zu schrei'n. 
              Triumph! Triumph! Triumph! 
              der Sieg, der Sieg ist mein! 
             SOLDATEN 
              Er spricht von Tod und Wunde,  
              nun fort auf unsre Runde, 
              wie wichtig, wie wichtig 
              muß es sein, nun fort, nun fort,  
              wie wichtig muß es sein! 
              PIZARRO 
              Ich darf keinen Augenblick säumen, 
              alle Anstalten zu meinem 
              Vorhaben zu treffen. 
              Heute soll der Minister ankommen. 
              Nur die größte Vorsicht 
              und Eile können mich retten. 
              Hauptmann, hören Sie! 
              Besteigen Sie mit einem 
              Trompeter sogleich den Turm. 
              Sehen Sie unablässig und 
              mit der größten Achtsamkeit 
              auf die Straße von Sevilla. 
              Sobald Sie einen Wagen, 
              von Reitern begleitet, 
              diesem Schloß sich nähern sehen, 
              lassen Sie augenblicklich durch 
              den Trompeter ein Signal geben. 
              Verstehen Sie, 
              augenblicklich ein Signal! 
              Ich erwarte die größte  
              Pünktlichkeit, 
              Sie haften mir mit Ihrem Kopf dafür. 
              Fort, auf eure Posten! 
              Rocco! Rocco! 
            | 
         
         
           
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             Act 
              1 - Scene 7 
            ROCCO 
              Herr! 
             PIZARRO 
              Ich muß ihn zu gewinnen suchen. 
              Ohne seine Hilfe kann 
              ich es nicht ausführen. 
              Komm näher! Jetzt, Alter, 
              Alter, jetzt hat es Eile! 
              dir wird ein Glück zu Teile, 
              du wirst ein reicher Mann;  
              das geb' ich nur daran. 
              ROCCO 
              So sagt doch nur in Eile, 
              womit ich dienen kann. 
              PIZARRO 
              Du bist von kaltem Blute, 
              von unverzagtem Mute 
              durch langen, 
              langen Dienst geworden. 
              ROCCO 
              Was soll ich?  
              Redet, redet! Wie! 
              PIZARRO 
              Morden! 
              ROCCO 
              Wie? 
              PIZARRO 
              Höre mich nur an! 
              Du bebst? bist du ein Mann? 
              Wir dürfen gar nicht säumen, 
              dem Staate liegt  
              den bösen Unterthan  
              schnell aus dem Weg zu 
              räumen. Du stehst noch an? 
              ROCCO 
              O Herr!  
              O Herr! 
              PIZARRO 
              Er darf nicht länger leben, 
              sonst ist's um mich gescheh'n. 
              ROCCO 
              Die Glieder fühl' ich beben, 
              wie könnt' ich das besteh'n? 
              PIZARRO 
              Pizarro sollte beben? 
              Du fällst,  
              du fällst ich werde steh'n. 
              ROCCO 
              Ich nehm' ihm nicht das Leben, 
              mag was da will gescheh'n. 
              Nein, Herr, das Leben 
              nehmen das ist nicht meine Pflicht. 
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             Act 
              1 - Scene 8 
            LEONORE 
              Abscheulicher! Wo eilst du hin? 
              Was hast du vor in wildem Grimme? 
              Des Mitleids Ruf, der Menschheit Stimme 
              rührt nichts mehr deinen Tigersinn? 
              Doch toben auch wie Meereswogen 
              dir in der Seele Zorn und Wut, 
              so leuchtet mir ein Farbenbogen, 
              der hell auf dunkeln Wolken ruht: 
              der blickt so still, so friedlich nieder, 
               
              der spiegelt alte Zeiten wider, 
              und neu besänftigt wallt mein Blut. 
              Komm, Hoffnung, lass den letzten Stern 
              der Müden nicht erbleichen! 
              O komm, erhell mein Ziel, sei's noch so 
              fern,  
              die Liebe, sie wird's erreichen. 
              Ich folg' dem innern Triebe, 
              ich wanke nicht, 
              mich stärkt die Pflicht 
              der treuen Gattenliebe! 
              O du, für den ich alles trug, 
              könnt' ich zur Stelle dringen, 
              wo Bosheit dich in Fesseln schlug, 
              und süssen Trost dir bringen! 
              Ich folg' dem innern Triebe, 
              ich wanke nicht, 
              mich stärkt die Pflicht 
              der treuen Gattenliebe! 
            MARZELLINE 
              Vater, es ist die Stunde, 
              in der die Gefangenen 
              an die frische Luft kommen dürfen. 
             ROCCO 
              Ohne Erlaubnis des Gouverneurs? 
              MARZELLINE 
              Aber er sprach so lange mit dir. 
              Vielleicht sollst du ihm 
              einen Gefallen tun, 
              und dann wird er es so genau 
              nicht nehmen. 
              ROCCO 
              Einen Gefallen? 
              Du hast recht, Marzelline. 
              Auf diese Gefahr hin 
              kann ich es wagen. 
              Wohl denn, Jaquino und Fidelio, 
              öffnet die leichteren Gefängnisse. 
              Ich aber gehe zu Pizarro 
              und halte ihn zurück, indem ich 
              für dein Bestes rede. 
              MARZELLINE 
              So recht, Vater! 
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             Act 
              1 - Scene 9 
            GEFANGENEN 
              O, welche Lust! 
              in freier Luft den Atem 
              leicht zu heben, O, welche Lust! 
              nur hier, nur hier ist Leben, 
              der Kerker eine Gruft, eine Gruft! 
             ERSTER GEFANGENE 
              Wir wollen mit Vertrauen 
              auf Gottes Hülfe, 
              auf Gottes Hülfe bauen, 
              die Hoffnung flüstert sanft mir zu, 
              wir werden frei, wir finden Ruh, 
              wir finden Ruh'. 
              GEFANGENEN 
              O Himmel Rettung,  
              welch ein Glück, 
              o Freiheit, o Freiheit, 
              kehrst du zurück? 
              ZWEITE GEFANGENE 
              Sprecht leise, haltet euch zurück, 
              wir sind belauscht mir 
              Ohr und Blick. 
              GEFANGENEN 
              Sprecht leise, haltet euch zurück, 
              wir sind belauscht mir 
              Ohr und Blick. 
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             Act 
              1 - Scene 10 
            LEONORE 
              Nun sprecht, wie ging's? 
             ROCCO 
              Recht gut, recht gut ! 
              Zusammen rafft' ich meinen Mut, 
              und trug ihm alles vor, 
              und sollst du's glauben, 
              was er zur Antwort mir gab? 
              Die Heirat, und daß du mir hilfst, 
              will er erlauben, 
              noch heute fuhr 
              ich in den Kerker dich hinab. 
              LEONORE 
              Noch heute? noch heute? 
              O welch ein Glück! 
              o welche Wonne! 
              ROCCO 
              Ich sehe deine Freude; 
              nur noch ein Augenblick, 
              dann gehen wir schon Beide, ja, 
              dann gehen wir schon beide. 
              LEONORE 
              Wohin, wohin? 
              ROCCO 
              Zu jenem Mann hinab, 
              dem ich seit vielen Wochen 
              stets weniger zu essen gab. 
              LEONORE 
              Ha, wird er losgesprochen? 
              ROCCO 
              O nein! 
              LEONORE 
              So sprich, so sprich! 
              ROCCO 
              O nein, o nein! 
              O nein, o nein! 
              Wir müssen ihn, doch wie, 
              befrein, er muß in einer Stunde, 
              den Finger auf dem 
              Munde von uns sein. 
              LEONORE 
              So ist er todt? 
              ROCCO 
              Noch nicht, noch nicht! 
              LEONORE 
              Ist, ihn zu töten,deine Pflicht, 
              ihn zu töten, deine Pflicht? 
              ROCCO 
              Nein, guter Junge, 
              zittre nicht, zum Morden, 
              zum Morden dingt sich Rocco 
              nicht, nein, nein, nein, 
              nein, nein, nein! 
              Der Gouverneur, 
              der Gouverneur kommt selbst hinab, 
              wir beide graben nur das Grab. 
              LEONORE 
              Vielleicht das Grab des Gatten graben, 
              was kann fürchterlicher sein?  
              Was? 
              ROCCO 
              Ich darf ihn nicht mit Speise laben, 
              ihm wird im Grabe besser sein. 
              Wir müssen gleich zum 
              Werke schreiten, du mußt helfen, 
              mich begleiten; hart, 
              hart ist des Kerkermeisters Brot. 
              LEONORE 
              Ich folge dir, wär's in den Tod! 
              ROCCO 
              In der zerfallenen Zisterne bereiten 
              wir die Grube leicht;  
              ich tu es, glaube mir, nicht gerne, 
              auch dir ist schaurig, 
              wie mich deucht? 
              LEONORE 
              Ich bin es nur noch nicht gewohnt. 
              ROCCO 
              Ich hätte gerne dich verschont, 
              doch wird mir allein zu schwer, 
              und gar so streng ist unser Herr. 
              LEONORE 
              O welch ein Schmerz! 
              ROCCO 
              Mir scheint, er weine. 
              Nein, nein, du bleibst hier, 
              ich geh' alleine, ich geh' allein,  
              du bleibst hier, nein, 
              du bleibst hier! 
              LEONORE 
              O nein, o nein, ich muß ihn seh'n, 
              den Armen sehen, und müßt ich selbst  
              zugrunde gehen! 
            BEIDE 
              O säumen wir nun länger nicht,  
              wir folgen unsrer strengen Pflicht. 
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             Act 
              1 - Scene 11 
            MARZELLINE 
              Ach, Vater, Vater, eilt! 
             ROCCO 
              Was hast du denn? 
              JAQUINO 
              Nicht länger weilt! 
              ROCCO 
              Was ist gescheh'n? 
              MARZELLINE 
              Voll Zorn folgt mir Pizarro nach, 
              er drohet, er drohet dir! 
              JAQUINO 
              Nich länger weilt! 
              ROCCO 
              Gemach! gemach! 
              LEONORE 
              So eilet fort! 
              ROCCO 
              Nur noch dies Wort; 
              sprich, weiß er schon? 
              JAQUINO 
              Ja, er weiß es schon. 
              MARZELLINE 
              Der Offizier sagt ihm, 
              was wir jetzt den 
              Gefangenen gewähren. 
              ROCCO 
              Laßt alle schnell zurück kehren! 
              MARZELLINE 
              Ihr wißt ja, wie er tobet, 
              und kennet seine Wut. 
              LEONORE 
              Wie mir's im Innern tobet!  
              Empöret ist mein Blut! 
              ROCCO 
              Mein Herz hat mich gelobet, 
              sei der Tyrann in Wut! 
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             Act 
              1 - Scene 12 
            PIZARRO 
              Verweg'ner Alter! 
              welche Rechte legst du dir 
              frevelnd selber bei? 
              und ziemt es dem gedung'nen Knechte, 
              zu geben die Gefang'nen frei? 
             ROCCO 
              O Herr! O Herr! 
              PIZARRO 
              Wohlan! Wohlan! 
              ROCCO 
              Des Frühlings Kommen, 
              das heitre, warme Sonnenlicht, 
              dann habt ihr wohl 
              in Acht genommen, 
              was sonst zu meinem 
              Vorteil spricht? 
              Des Königs Namensfest ist heute, 
              das feiern wir auf solche Art. 
              Der unten stirbt, 
              doch laßt die andern jetzt 
              fröhlich hin und wieder wandern, 
              für Jenen sei der Zorn gespart. 
              PIZARRO 
              So eile,  
              ihm sein Grab zu graben, 
              hier will ich stille Ruhe haben; 
              schliess die Gefangene wieder ein, 
              magst du nie mehr  
              verwegen sein! 
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             Act 
              1 - Scene 13 
            GEFANGENEN 
              Leb wohl,  
              du warmes Sonnenlicht, 
              schnell schwindest  
              du uns wieder! 
              Schon sinkt  
              die Nacht hernieder, 
              aus der so bald  
              kein Morgen bricht.  
             MARZELLINE 
              Wie eilten sie zum Sonnenlicht, 
              und scheiden traurig wieder! 
              Die Andern,  
              die Andern murmeln,  
              nieder, hier wohnt die Lust, 
              die Freude nicht. 
              LEONORE 
              Ihr hört das Wort, 
              drum zögert nicht, 
              kehrt in den Kerker wieder! 
              Angst rinnt durch meine Glieder, 
              ereilt den Frevler, 
              den Frevler kein Gericht. 
              JAQUINO 
              Ihr hört das Wort, 
              drum zögert nicht, 
              kehrt in den Kerker wieder! 
              Sie sinnen auf und nieder, 
              könnt ich verstehn, 
              was jeder spricht! 
              PIZARRO 
              Nun Rocco, zögre Rocco, 
              länger nicht, 
              steig' in der Kerker nieder! 
              Nicht eher kehrst du wieder 
              bis ich vollzogen das Gericht. 
              ROCCO 
              Nein, Herr,  
              ich zögre länger nicht, 
              ich steige eilend nieder, 
              nein, Herr! 
              Mir beben meine Glieder, 
              O unglückselig harte Pflicht! 
           | 
         
         
           
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          |  
             ACT 2 
            Scene 1 
              - Scene 2 
              Scene 3 
              - Scene 4 
              Scene 5 
              - Scene 6 
              Scene 7 
              - Scene 8 
           | 
         
         
          |  
             Act 
              2 - Scene 1 
            FLORESTAN 
              Gott,  
              welch Dunkel hier!  
              O grauenvolle Stille! 
              Öd ist es um mich her, 
              nichts,  
              nichts lebet außer mir, 
              o schwere Prüfung! 
              Doch gerecht ist Gottes Wille! 
              Ich murre nicht, das Maß 
              der Leiden steht bei dir! 
              In des Lebens Frühlingstagen 
              ist das Glück von mir geflohn. 
              Wahrheit wagt ich kühn zu sagen, 
              und die Ketten sind mein Lohn. 
              Willig duld' ich alle Schmerzen, 
              ende schmählich meine Bahn; 
              süßer, Trost in meinem Herzen, 
              meine Pflicht hab ich getan. 
              Und spür' ich nicht linde, 
              sanft säuselnde Luft, 
              und ist nicht mein Grab  
              mir erhellet? 
              Ich seh, wie ein Engel 
              im rosigen Duft sich 
              tröstend zur Seite, 
              zur Seite mir stellet, 
              ein Engel, Leonoren, 
              Leonoren, Leonoren, 
              der Gattin so gleich, der, 
              der führt mich zur Freiheit 
              ins himmlische Reich. 
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             Act 
              2 - Scene 2 
            LEONORE 
              Wie kalt ist es in diesem 
              unterirdischen Gewölbe! 
               
              ROCCO 
              Das ist natürlich,  
              es ist ja so tief!  
               
              LEONORE 
              Ich glaubte schon, wir würden 
              den Eingang gar nicht finden. 
               
              ROCCO 
               
              Da ist er. 
               
              LEONORE 
              Er scheint ganz ohne Bewegung.  
               
              ROCCO 
              Vielleicht ist er tot. 
               
              LEONORE 
              Ihr meint es ? 
               
              ROCCO 
              Nein, nein, er schlaft. 
              Das müssen wir benutzen, 
              und gleich ans Werk gehen, 
              wir haben keine Zeit zu verlieren. 
               
              LEONORE 
              Es ist unmöglich, 
              seine Züge zu unterscheiden. 
              Gott steh mir bei, wenn er es ist! 
               
              ROCCO 
              Hier unter diesen Trümmern 
              ist die Zisterne, 
              von der ich gesagt habe. 
              Wir brauchen nicht viel zu graben, 
              um an die Öffnung zu kommen, 
              gib mir eine Haue, 
              und du stelle dich hierher! 
              Du zitterst, fürchtest du dich?  
               
              LEONORE 
              O nein, es ist nur so kalt.  
               
              ROCCO 
              So mache fort, im Arbeiten 
              wird dir schon warm werden.  
               
              ROCCO 
              Nur hurtig fort, 
              nur frisch gegraben, es währt 
              nicht lang er kommt herein. 
               
              LEONORE 
              Ihr sollt ja nicht zu klagen haben, 
              ihr sollt gewiß zufrieden sein. 
               
              ROCCO 
              Komm, hilf, komm hilf 
              doch diesen Stein mit heben, 
              hab acht, hab acht, er hat Gewicht! 
               
              LEONORE 
              Ich helfe schon, 
              sorgt euch nicht, 
              ich will mir alle Mühe geben. 
               
              ROCCO 
              Ein wenig noch! 
               
              LEONORE 
              Geduld! 
               
              ROCCO 
              Er weicht! 
               
              LEONORE 
              Nur etwas noch! 
               
              ROCCO 
              Es ist nicht leicht! 
               
              ROCCO 
              Nur hurtig fort, 
              nur frisch gegraben, es währt 
              nicht lang er kommt herein. 
               
              LEONORE 
              Laßt mich nur wieder Kräfte haben, 
              wir werden bald zu Ende sein.  
              Wer du auch seist, 
              ich will dich retten, 
              bei Gott, bei Gott, 
              du sollst kein Opfer sein, 
              gewiß, gewiß, 
              ich löse deine Ketten ich 
              will du Armer, dich befrein! 
               
              ROCCO 
              Was zauderst du  
              in deiner Pflicht? 
               
              LEONORE 
              Mein Vater, nein, ich zauderst nicht! 
              Ihr sollt ja nicht zu klagen haben, 
              laßt mich nur wieder Kräfte haben, 
              denn mir wird keine Arbeit schwer. 
               
              LEONORE 
              Er erwacht! 
               
              ROCCO 
              Er erwacht, sagst du? 
               
              LEONORE 
              Ja, er hat eben den Kopf gehoben. 
               
              ROCCO 
              Ohne Zweifel wird er wieder 
              tausend Fragen an mich stellen. 
              Ich muß allein mit ihm reden.  
               
              LEONORE 
              Was in mir vorgeht, 
              ist unaussprechlich! 
               
              ROCCO 
              Nun, habt ihr wieder etwas geruht? 
               
              FLORESTAN 
              Geruht?  
              Wie fände ich Ruhe? 
               
              LEONORE 
              Diese Stimme! 
              Wenn ich nur einen Augenblick 
              sein Gesicht sehen könnte. 
               
              FLORESTAN 
              Werdet ihr immer bei  
              meinen Fragen taub sein, 
              grausamer Mann?  
               
              LEONORE 
              Gott, er ist's! 
               
              ROCCO 
              Was verlangt Ihr denn von mir? 
              Ich vollziehe die Befehle, 
              die man mir gibt; 
              das ist mein Amt, meine Pflicht. 
               
              FLORESTAN 
              Sagt mir endlich einmal, 
              wer ist Gouverneur 
              dieses Gefängnisses? 
               
              ROCCO 
              Jetzt kann ich ihm ja ohne 
              Gefahr genug tun. 
              Der Gouverneur dieses Gefängnissen 
              ist Don Pizarro 
               
              FLORESTAN 
              Pizarro! 
               
              LEONORE 
              O Barbar ! 
              Deine Grausamkeit gibt mir 
              meine Kräfte wieder.  
               
              FLORESTAN 
              Wenn Ihr mir dienen wolltet, 
              so schickt sobald als möglich 
              nach Sevilla, 
              fragt nach Leonore Florestan... 
               
              LEONORE 
              Gott, er ahnt nicht, 
              daß sie jetzt sein Grab gräbt. 
               
              FLORESTAN 
              Gebt ihr Nachricht, 
              daß ich hier in Ketten liege. 
               
              ROCCO 
              Es ist unmöglich, sag ich euch. 
              Ich würde mich ins Verderben stürzen, 
              ohne euch genützt zu haben.  
               
              FLORESTAN 
              Wenn ich denn verdammt bin, 
              mein Leben zu enden, 
              laßt mich nicht langsam 
              verschmachten. 
               
              LEONORE 
              O Gott,  
              wer kann das ertragen? 
               
              FLORESTAN 
              Aus Barmherzigkeit, 
              gib mir nur einen Tropfen Wasser, 
              das ist ja so wenig. 
               
              ROCCO 
              Es geht mir wider meinen 
              Willen zu Herzen. 
               
              LEONORE 
              Er scheint sich zu erweichen. 
               
              FLORESTAN 
              Du gibst mir keine Antwort? 
               
              ROCCO 
              Ich kann euch nicht verschaffen, 
              was Ihr verlangt. 
              Alles was ich euch anbieten kann, 
              ist ein Restchen Wein, 
              das ich im Krug habe. Fidelio! 
               
              LEONORE 
              Da ist er! Da ist er! 
               
              FLORESTAN 
              Wer ist das? 
               
              ROCCO 
              Mein Schließer, 
              und in wenigen Tagen mein Eidam. 
              Es ist freilich nur wenig Wein, 
              aber ich geb ihn euch gern. 
              Du bist ja ganz in Bewegung, du? 
               
              LEONORE 
              Wer sollt es nicht sein? 
               
              ROCCO 
              Es ist wahr, der Mensch hat 
              so eine Stimme... 
               
              LEONORE 
              Jawohl, sie dringt in die 
              Tiefe des Herzens. 
               
              FLORESTAN 
              Euch werde Lohn in bessern Welten, 
              der Himmel, 
              der Himmel hat euch mir geschickt, 
              o Dank, ihr habt mich süß erquickt, 
              ich kann die Wohltat, 
              ich kann sie nicht vergelten. 
               
              ROCCO 
              Ich labt ihn gern, den armen Mann, 
              es ist ja bald um ihn getan. 
              Ich tu, was meine Pflicht gebeut, 
              doch haß ich Grausamkeit. 
               
              LEONORE 
              Wie heftig pochet dieses Herz, 
              es wogt in Freud und 
              scharfem Schmerz. 
              Die hehre, bange Stunde winkt, 
              die Tod mir oder Rettung bringt. 
               
              FLORESTAN 
              Bewegt seh ich den Jüngling hier, 
              und Rührung zeigt 
              auch dieser Mann, o Gott, 
              O Gott, du sendest Hoffnung mir, 
              daß ich sie noch gewinnen kann. 
               
              LEONORE 
              Dies Stücken Brot, ja, 
              seit zwei Tagen trag  
              ich es Immer schon bei mir. 
               
              ROCCO 
              Ich möchte gern, doch sag ich dir, 
              das hieße wirklich zu viel wagen. 
               
              LEONORE 
              Ach ! 
              Ihr labtet gern den armen Mann. 
               
              ROCCO 
              Das geht nicht an. 
               
              LEONORE 
              Es ist ja bald um ihn getan. 
               
              ROCCO 
              So sei es, so sei's, 
              du kannst es wagen. 
               
              LEONORE 
              Da nimm, da nimm das Brot, 
              du armer, du armer Mann! 
               
              FLORESTAN 
              O Dank dir, Dank. 
              Euch werde Lohn in bessern Welten, 
              der Himmel, der Himmel 
              hat euch mir geschickt, o Dank, 
              ihr habt mich süß erquickt,  
              ich kann die Wohltat, 
              ich kann sie nicht vergelten. 
               
              LEONORE 
              Der Himmel schicke Rettung dir, 
              dann wird mir hoher Lohn gewährt. 
               
              ROCCO 
              Mich rührte oft dein Leiden hier, 
              doch Hilfe, 
              doch Hilfe war mir streng verwehrt. 
               
              LEONORE 
              Ihr labt ihn gern, den armen Mann! 
               
              FLORESTAN 
              O daß ich euch nicht lohnen kann, 
              ODank ich kann 
              die Wohltat nicht vergelten, 
              O Dank! 
               
              LEONORE 
              O mehr, als ich ertragen kann, 
              du armer Mann.  
               
              ROCCO 
              Alles ist bereit; ich gehe, 
              das Signal zu geben. 
               
              LEONORE 
              O Gott,  
              gib mir Mut und Stärke! 
               
              FLORESTAN 
              Wohin geht er? 
              Ist das der Vorbote meines Todes?  
               
              LEONORE 
              Nein, nein! Beruhige dich, 
              lieber Gefangner. 
               
              FLORESTAN 
              O meine Leonore! 
              So soll ich dich nie wieder sehen! 
               
              LEONORE 
              Mein ganzes Herz reißt 
              mich zu ihm hin! 
              Sei ruhig, sag ich dir! 
              Vergiß nicht, 
              was du auch hören und sehen magst, 
              vergiß nicht, daß überall 
              eine Vorsehung ist...ja, 
              ja, es giebt eine Vorsehung!  
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             Act 
              2 - Scene 3 
            PIZARRO 
              Ist alles bereit? 
               
              ROCCO 
              Ja, die Zisterne ucht 
              nur geöffnet zu werden. 
               
              PIZARRO 
              Gut,  
              der Jüngling soll sich entfernen.  
               
              ROCCO 
              Geh, entferne dich! 
               
              LEONORE 
              Wer?... Ich...? Und ihr? 
               
              ROCCO 
              Muß ich nicht dem 
              Gefangenen die Eisen abnehmen? 
              Geh, geh! 
               
              PIZARRO 
              Die muß ich mir heute noch 
              beide vom Halse schaffen, 
              damit alles auf immer 
              im dunkeln bleibt. 
               
              ROCCO 
              Soll ich ihm die Ketten abnehmen?  
               
              PIZARRO 
              Nein, aber schließe ihn 
              von dem Stein los. 
              Die Zeit ist dringend. 
              Er sterbe! 
              Doch er soll erst wissen, 
              wer ihm sein stolzes Herz zerfleischt 
              Der Rache Dunkel sei zerriss  
              sieh her, du hast mich 
              nicht getäuscht! 
              Pizarro, den du stürzen wolltest, 
              Pizarro, den du fürchten solltest, 
              steht nun als Rächer, hier! 
               
              FLORESTAN 
              Ein Mörder steht vor mir! 
               
              PIZARRO 
              Noch einmal ruf ' ich dir, 
              was du getan zurück, 
              nur noch ein Augenblick, 
              und dieser Dolch... 
               
              LEONORE 
              Zurück! 
               
              FLORESTAN 
              O Gott! 
               
              ROCCO 
              Was soll? 
               
              LEONORE 
              Durchbohren, durchbohren 
              musst du erst diese Brust, 
              der Tod sei dir geschworen 
              für deine Mörderlust! 
               
              PIZARRO 
              Wahnsinniger! 
              Wahnsinniger! 
              Er soll bestrafet sein! 
               
              FLORESTAN 
              Ein Mörder, ein Mörder 
              steht vor mir. 
               
              ROCCO 
              Halt ein, halt ein! 
              Halt ein, halt doch ein! 
               
              LEONORE 
              Töt erst sein Weib! 
               
              PIZARRO 
              Sein Weib? 
               
              ROCCO 
              Sein Weib? 
               
              FLORESTAN 
              Mein Weib? 
               
              LEONORE 
              Ja, sieh hier Leonore! 
               
              FLORESTAN 
              Leonore! 
               
              LEONORE 
              Ich bin sein Weib, 
              geschworen hab ich ihm Trost, 
              Verderben dir! 
               
              PIZARRO 
              Sein Weib? 
               
              ROCCO 
              Sein Weib? 
               
              FLORESTAN 
              Mein Weib? 
               
              LEONORE 
              Ich trotze seiner Wut! 
              Verderben ihm! 
              Der Tod, der Tod sei dir geschworen, 
              durchbohren mußt 
              du erst diese Brust! 
              Noch einen Laut, und du bist tot! 
               
              FLORESTAN 
              Vor Freude starrt mein Blut! 
               
              PIZARRO 
              Welch' unerhörter Mut! 
              welch unerhörter Mut! 
              Ha, ha, soll ich vor 
              einem Weibe beben? 
              So opfr'ich, so opfr'ich 
              beide meinem Grimm; 
              geteilt hast du mit ihm das Leben, 
              so teile nun den Tod mit ihm! 
               
              ROCCO 
              Mir starrt vor Angst mein Blut! 
               
              LEONORE 
              Ach, du bist gerettet,  
              großer Gott! 
               
              FLORESTAN 
              Ach, ich bin gerettet, großer Gott! 
               
              PIZARRO 
              Ha! ha, der Minister, 
              Höll' und Tod! 
               
              ROCCO 
              O, o was ist das,  
              gerechter Gott!  
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             Act 
              2 - Scene 4 
            JAQUINO 
              Vater Rocco, 
              der Herr Minister kommt an, 
              sein Gefolge ist schon 
              vor dem Schlosstor. 
               
              ROCCO 
              Gelobt sei Gott! 
              Wir kommen, ja wir 
              kommen augenblicklich. 
              Und diese Leute mit Fackeln 
              sollen heruntersteigen und 
              den Herrn Gouverneur hinaufbegleiten. 
               
              LEONORE 
              Es schlägt der Rache Stunde, 
              du sollst gerettet sein! 
              Die Liebe wird im Bunde 
              mit Mute mich befrein. 
               
              FLORESTAN 
              Es schlägt der Rache Stunde, 
              ich soll gerettet sein! 
              Die Liebe wird im Bunde 
              mit Mute dich befrein. 
               
              PIZARRO 
              Verflucht sei diese Stunde, 
              die Heuchler spotten mein. 
              Verzweiflung wird im Bunde 
              mit meiner Rache sein! 
               
              ROCCO 
              O fürchterliche Stunde! 
              O, Gott, was wartet mein? 
              Ich will nicht mehr im Bunde 
              mit diesem Wütrich sein. 
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             Act 
              2 - Scene 5 
            FLORESTAN 
              Meine Leonore, was hast du 
              für mich getan! 
              Dürfen wir noch hoffen? 
               
              LEONORE 
              Wir dürfen es! 
              Die Ankunft des Ministers, 
              denn wir kennen, 
              Pizarros Verwirrung, und vor allem 
              Vater Roccos tröstende Zeichen 
              sind mir ebenso viele Gründe Rocco, 
              zu glauben, unser Leiden sei 
              am Ziel und die Zeit unsres 
              Glückes wolle beginnen. 
               
              FLORESTAN 
              Sprich, wie gelangtest du hierher?  
               
              LEONORE 
              Ich verließ Sevilla, 
              ich kam hierher zu Fuß, 
              in Manneskleidern, 
              der Kerkermeister 
              nahm mich in Dienste, 
              dein Verfolger selbst 
              machte mich zum Schließer. 
               
              FLORESTAN 
              Treues Weib ! Frau ohnegleichen! 
              Was hast du meinetwegen erdultet! 
               
              LEONORE 
              Nichts, mein Florestan! 
              Meine Seele war mit dir, 
              wie hätte der Körper 
              sich nicht stark gefühlt, 
              indem er für sein besseres 
              Selbst stritt? 
              O, namenlose Freude! 
              Mein Mann an meiner Brust! 
              Nach unnennbarer Leiden, 
              so übergroße Lust. 
              Du wieder nun in meinen Armen!  
              O Dank dir, Gott, für diese Lust! 
              Mein Mann, mein Mann an meiner Brust! 
              Ich bin's! 
              Du bist's! 
              O himmlisches Entzücken! 
              Florestan! Florestan! 
              Florestan! 
               
              FLORESTAN 
              O, namenlose Freude! 
              An Leonorens Brust! 
              Nach unnennbarer Leiden 
              so übergroße Lust. 
              O Gott, wie groß ist dein Erbarmen,  
              o Gott, wie groß ist dein Erbarmen! 
              O Dank dir, Gott, für diese Lust! 
              Mein Weib, mein Weib 
              an meiner Brust! Du bist's! 
              O himmlisches Entzücken! 
              Ich bin's! 
              Leonore! 
              O Leonore! 
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             Act 
              2 - Scene 6 
            ROCCO 
              Gute Botschaft,  
              ihr armen Leidenden. 
              Der Herr Minister hat eine Liste 
              aller Gefangenen mit sich, 
              alle sollen ihm vorgeführt werden. 
              Jaquino öffnet die oberen 
              Gefängnisse. 
              Ihr allein seid nicht erwähnt, 
              euer Aufenthalt hier ist eine 
              Eigenmächtigkeit des Gouverneurs.  
              Kommt,  
              folget mir hinauf! 
              Auch ihr,  
              gnädige Frau! 
              Und gibt Gott meinem Worten Kraft 
              und lohnt er die Heldentat 
              der edelsten Gattin, 
              so werdet Ihr frei und euer 
              Glück ist mein Werk! 
               
              FLORESTAN 
              Leonore! 
               
              LEONORE 
              Durch welche Wunder? 
               
              ROCCO 
              Fort, zögert nicht! 
              Oben werdet Ihr alles erfahren. 
              Auch diese Fesseln bleiben noch. 
              Gott gebe, daß sie Euch 
              Mitleid erflehen 
              und dem Grausamen anglegt werden, 
              der Euch so viele Leiden bereitete. 
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             Act 
              2 - Scene 7 
            VOLK 
              Heil, Heil, heil sei dem Tag, 
              Heil sei der Stunde, 
              die lang ersehnt, doch unvermeint, 
              Gerechtigkeit mit Huld im Bunde 
              vor unsres Grabes Tor erscheint! 
               
              FERNANDO 
              Des besten Königs Wink 
              und Wille führt mich zu euch, 
              ihr Armen her, 
              daß ich der Frevel  
              Nacht enthülle, 
              die all umfangen schwarz 
              und schwer. 
              Nicht, nicht länger 
              kniet sklavisch nieder, 
              Tyrannenstrenge sei mir fern. 
              Es sucht der  
              Bruder seine Brüder, 
              und kann er hellen, 
              Und kann er helfen 
              hilft er gern. 
               
              VOLK, GEFANGENER 
              Heil, sei dem Tag, 
              Heil sei der Stunde! 
              Heil!  
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             Act 
              2 - Scene 8 
            ROCCO 
              Wohlan, so helfet,  
              helft den Armen ! 
               
              PIZARRO 
               
              Was seh ich ? 
              Fort, fort! 
               
              FERNANDO 
               
              Nun rede! 
               
              ROCCO 
               
              Bewegt es dich? 
              All Erbarmen, All Erbarmen 
              vereine diesem Paare sich. 
              Don Florestan. 
               
              FERNANDO 
              Der Totgeglaubte,  
              der Edle, 
              der für Wahrheit stritt ? 
               
              ROCCO 
              Und Qualen ohne  
              Zahl erlitt! 
               
              FERNANDO 
              Mein Freund, mein Freund, 
              der Totgeglaubte? 
              Gefesselt, gefesselt, 
              bleich steht er vor mir. 
               
              LEONORE, ROCCO 
              Ja, Florestan, Florestan, 
              ihr seht ihn hier. 
               
              ROCCO 
               
              Und Leonore, 
               
              FERNANDO 
              Leonore? 
               
              ROCCO 
              der Frauen Zierde fuhr' ich vor; 
              sie kam hierher... 
               
              PIZARRO 
              Zwei Worte sagen. 
               
              FERNANDO 
              Kein Wort!  
              Sie kam... 
               
              ROCCO 
              Dort an mein Tor, ... 
              und trat als Knecht in 
              meine Dienste, 
              und tat so brave, treue Dienste, 
              daß ich zum Eidam sie erkor. 
               
              MARZELLINE 
              O weh mir, weh mir, 
              was vernimmt mein Ohr! 
               
              ROCCO 
              Der Unmensch wollt in 
              dieser Stunde vollziehn 
              an Florestan den Mord. 
               
              PIZARRO 
              Vollziehn mit ihm! 
               
              ROCCO 
              Mit uns im Bunde; 
              nur Euer Kommen, rief ihn fort, 
              nur euer Kommen rief ihn fort. 
               
              CHOR 
              Bestrafet sei der Bösewicht 
              der Unschuld unterdrückt, 
              Gerechtigkeit hält zum Gericht 
              der Rache Schwerte gezückt! 
               
              FERNANDO 
               
              Du schlossest auf  
              des Edlen Grab, 
              jetzt, jetzt nimm  
              ihm seine Ketten ab; 
              doch halt, euch,  
              edle Frau, allein, 
              euch ziemt es, ganz ihn zu befrein. 
               
              LEONORE 
              O Gott, o Gott, welch ein Augenblick 
               
              FLORESTAN 
              O unaussprechlich süßes Glück!  
               
              FERNANDO 
              Gerecht, o Gott, 
              gerecht ist dein Gericht! 
               
              MARZELLINE 
              Du prüfest,  
              du verläßt uns nicht! 
               
              ROCCO 
              Du prüfest,  
              du verläßt uns nicht! 
               
              LEONORE, FLORESTAN, 
              FERNANDO, CHOR 
              O Gott, o welch ein Augenblick! 
              O unaussprechlich süßes Glück! 
              Gerecht,  
              O Gott, gerecht 
              ist dein Gericht! 
              Du prüfest, du verläßt uns nicht! 
               
              CHOR 
              Wer ein holdes Weib errungen, 
              stimm in unsern Jubel ein, 
              nie, nie, nie wird es zu 
              hoch besungen. 
              hoch besungen. 
              Retterin, Retterin des Gatten sein. 
               
              FLORESTAN 
              Deine Treu erhielt mein Leben, 
              Tugend schreckt den Bösewicht. 
               
              LEONORE 
              Liebe führte mein Bestreben, 
              wahre Liebe fürchtet nicht. 
               
              CHOR 
              Preist, preist mit hoher Freude Glut, 
              Leonorens edlen Mut. 
               
              FLORESTAN, CHOR 
              Wer ein holdes Weib errungen, 
              stimm in unsern Jubel ein, 
              nie, nie, nie wird es zu 
              hoch besungen. 
              Retterin, Retterin des Gatten sein. 
               
              LEONORE 
              Liebend, liebend ist es mir gelungen, 
               
              dich aus Ketten zu befrein, liebend, 
              liebend, liebend  
              sei es hoch besungen,  
              Florestan, wieder mein. 
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